Es ist mit Weinfesten so ein Ding. Eigentlich begrüßt man natürlich jede Gelegenheit, jede Ausrede zum akuten Alkoholismus, andererseits muss man sich so vielen Widrigkeiten, zuvorderst die anderen Weinfestbesucher, ihre Musik und ihre Visagen, ihre Gespräche und ihre Blagen ertragen. Es bleibt daher ein Weinfest ein ambivalentes Vergnügen, noch mehr so, als es mich in die Orte meiner Jugend führt, und unter die nun ihrer Prophezeiung gefolgten alternden Menschen, denen man vor langem prophezeit hatte, sie würden auch in Jahren noch auf Weinfesten anzutreffen sein, die man dort heute antrifft. Wenn man sich dann aber dazu aufgerafft hat, sich wider besseren Empfindens dem Ereigniskonglumerat Weinfest und seinen - fast sage ich Verzückungen, ich meine allerdings natürlich - Verrückungen auszusetzen, geht der Punk ab, wenngleich auch leider in der ursprünglichen vorscarymovieschen preanglifizierten Bedeutung des Abgehens, also, vermisst Werdens. Denn nirgends ist alles so konventionell und indoktriniert wie auf einem Weinfest. Wenige finden das gut, und die Masse betrinkt sich, bis sie es gut findet, meint der Optimist in mir, aber das Verhältnis ist wohl umgekehrt. Schon weht einem ein Hauch Luft entgegen, dessen Duft man entnehmen kann, dass er zuletzt noch mit der Fritteuse fickte, und sich nachher zu duschen weigerte, ja Pommes Frites und Grillhuhn sind in der zu heißen Abendluft. Am Boden allerdings sind andere Geschöpfe, die der saftigen bis grauslich triefenden gastronomischen Finesse der haute cuisine d'Bahnhofsstraße ein Ständchen bringen, um sich, als Carnivor und Fettabsorbant bestätigt, besinnungslos, nicht aber sinnlos zu betrinken. Nicht sinnlos?, wirft der Ruralkulturoptimist ein. Ja, antwortet die gespiegelte Sphinx der Kulturrealpessimisten mit der Totenmaske Paralipomenas, man hat hier eben Verständnis, man ist fett, isst fett und trinkt, bis man fett ist. Die Dreifaltigkeit der Lipide stelziert grazil über die Heurigenbänke, die sich von Bierbänken nicht unterscheiden, und nimmt, außer dem Anstand, keine Gefangenen. Selbiger wird erst Sonntags in der Kirche wieder auf- und ausgestoßen, wie Ostern die Glocken, plötzlich klingelt es allen, he, die anderen benehmen sich schlecht, da muss man doch was tun, am besten Leserbriefe an Kleinformate.
Doch man trifft nicht nur solche, die alle Hoffnung vor Jahren verloren haben, sondern auch die, die nie welche hatten. Solariumsbraun mit blauem Lidschatten, sowohl kosmetisch als auch politisch, tanzen und stehen sie gleich lebenden neben metallischen angekarrten Jahrmarktattraktion, schießen mit schiefläufigen Gewehren Plastikrosen für läufige Friseusen, der dumme August hinter der Schießbude düftelt die Plastikblumen nach ihrem gewonnen werden noch mit Rosenwasser ein; fahren Autoscooter gegeneinander, prügeln und besaufen sich, und benehmen sich wie das das Höhlengleichnis absolviert habende Batterielegehuhn: desillusioniert und pessimistisch. Verübeln kann man's ihnen nicht.
In Parzellen, nach Heurigen sortiert, feiern die Weinbauern ihre Monokultur, abgetrennt von den anderen quält sich nie der Gedanke einer Gemeinschaft, immer ist die Trennung immanent und klar. Der Unterschied zum Gang zum Heurigen, außerhalb der Weinfestzeit, beschränkt sich auf die Lautstärke der Musik allein - und die kulinarische Irrfahrt der toten Backtiere natürlich; dieses Jahr gab es auch Back-Ente, was das Verschwinden meiner lieben Begleiter vom Fluss erklärte. Vielleicht ist das der einzige echte Grund für Verachtung und Hass: sie fressen meine Enten, diese Scheißdrecksmenschen. Ein Grund mehr, den Rundgang zu beenden und sich auf die Bierbank einer Weinschank zu setzen, auf eine Kellnerin zu warten, mit ihr banal zu schwatzen, und den ersten Liter Wein zu bestellen. Das Wasser dazu muss man sich selbst holen. Wenigstens macht einer der Scheißdrecksentenmörder sich nützlich, und bringt schokolierte Früchte am Spieß - wenngleich völlig überteuert - zum Tisch. Nach Litern, Schokoerdbeeren und einem Würstchen im versalzenen Schlafrock reicht es wieder für ein, oder besser zwei, vielleicht fünf Jahre, und unter kakophonen schlagerisierenden Coverbands, die schon im Original Schreckliches moralisch schlecht interpretieren, torkelt man, vorbei an Schlägereien, Hütchenspielen, Alkoholikern, Kellnerinnen, Entenkillern, anatiphoren Unmenschen, gen Straßenbahn, die zwar von unfreundlichen Sicherheitskräften belagert wird, genauso wie von Alkoholisierten, aber dennoch Freiheit verspricht. Diese Fahrt in die Befreiung wird von der Tatsache der Mitfahrgäste nur wenig getrübt. Sehr viel mehr trübt den Blick der Wein, und ein Jahr später wird man alles so sehr vergessen haben, dass man sich auf das nächste Weinfest ... freut.
Eine Kerze dem Anaticid zum Gedenken,
gebacken nebe'm Glas-einschenken.
Weinfest
Es ist mit Weinfesten so ein Ding. Eigentlich begrüßt man natürlich jede Gelegenheit, jede Ausrede zum akuten Alkoholismus, andererseits muss man sich so vielen Widrigkeiten, zuvorderst die anderen Weinfestbesucher, ihre Musik und ihre Visagen, ihre Gespräche und ihre Blagen ertragen. Es bleibt daher ein Weinfest ein ambivalentes Vergnügen, noch mehr so, als es mich in die Orte meiner Jugend führt, und unter die nun ihrer Prophezeiung gefolgten alternden Menschen, denen man vor langem prophezeit hatte, sie würden auch in Jahren noch auf Weinfesten anzutreffen sein, die man dort heute antrifft. Wenn man sich dann aber dazu aufgerafft hat, sich wider besseren Empfindens dem Ereigniskonglumerat Weinfest und seinen - fast sage ich Verzückungen, ich meine allerdings natürlich - Verrückungen auszusetzen, geht der Punk ab, wenngleich auch leider in der ursprünglichen vorscarymovieschen preanglifizierten Bedeutung des Abgehens, also, vermisst Werdens. Denn nirgends ist alles so konventionell und indoktriniert wie auf einem Weinfest. Wenige finden das gut, und die Masse betrinkt sich, bis sie es gut findet, meint der Optimist in mir, aber das Verhältnis ist wohl umgekehrt. Schon weht einem ein Hauch Luft entgegen, dessen Duft man entnehmen kann, dass er zuletzt noch mit der Fritteuse fickte, und sich nachher zu duschen weigerte, ja Pommes Frites und Grillhuhn sind in der zu heißen Abendluft. Am Boden allerdings sind andere Geschöpfe, die der saftigen bis grauslich triefenden gastronomischen Finesse der haute cuisine d'Bahnhofsstraße ein Ständchen bringen, um sich, als Carnivor und Fettabsorbant bestätigt, besinnungslos, nicht aber sinnlos zu betrinken. Nicht sinnlos?, wirft der Ruralkulturoptimist ein. Ja, antwortet die gespiegelte Sphinx der Kulturrealpessimisten mit der Totenmaske Paralipomenas, man hat hier eben Verständnis, man ist fett, isst fett und trinkt, bis man fett ist. Die Dreifaltigkeit der Lipide stelziert grazil über die Heurigenbänke, die sich von Bierbänken nicht unterscheiden, und nimmt, außer dem Anstand, keine Gefangenen. Selbiger wird erst Sonntags in der Kirche wieder auf- und ausgestoßen, wie Ostern die Glocken, plötzlich klingelt es allen, he, die anderen benehmen sich schlecht, da muss man doch was tun, am besten Leserbriefe an Kleinformate.
Doch man trifft nicht nur solche, die alle Hoffnung vor Jahren verloren haben, sondern auch die, die nie welche hatten. Solariumsbraun mit blauem Lidschatten, sowohl kosmetisch als auch politisch, tanzen und stehen sie gleich lebenden neben metallischen angekarrten Jahrmarktattraktion, schießen mit schiefläufigen Gewehren Plastikrosen für läufige Friseusen, der dumme August hinter der Schießbude düftelt die Plastikblumen nach ihrem gewonnen werden noch mit Rosenwasser ein; fahren Autoscooter gegeneinander, prügeln und besaufen sich, und benehmen sich wie das das Höhlengleichnis absolviert habende Batterielegehuhn: desillusioniert und pessimistisch. Verübeln kann man's ihnen nicht.
In Parzellen, nach Heurigen sortiert, feiern die Weinbauern ihre Monokultur, abgetrennt von den anderen quält sich nie der Gedanke einer Gemeinschaft, immer ist die Trennung immanent und klar. Der Unterschied zum Gang zum Heurigen, außerhalb der Weinfestzeit, beschränkt sich auf die Lautstärke der Musik allein - und die kulinarische Irrfahrt der toten Backtiere natürlich; dieses Jahr gab es auch Back-Ente, was das Verschwinden meiner lieben Begleiter vom Fluss erklärte. Vielleicht ist das der einzige echte Grund für Verachtung und Hass: sie fressen meine Enten, diese Scheißdrecksmenschen. Ein Grund mehr, den Rundgang zu beenden und sich auf die Bierbank einer Weinschank zu setzen, auf eine Kellnerin zu warten, mit ihr banal zu schwatzen, und den ersten Liter Wein zu bestellen. Das Wasser dazu muss man sich selbst holen. Wenigstens macht einer der Scheißdrecksentenmörder sich nützlich, und bringt schokolierte Früchte am Spieß - wenngleich völlig überteuert - zum Tisch. Nach Litern, Schokoerdbeeren und einem Würstchen im versalzenen Schlafrock reicht es wieder für ein, oder besser zwei, vielleicht fünf Jahre, und unter kakophonen schlagerisierenden Coverbands, die schon im Original Schreckliches moralisch schlecht interpretieren, torkelt man, vorbei an Schlägereien, Hütchenspielen, Alkoholikern, Kellnerinnen, Entenkillern, anatiphoren Unmenschen, gen Straßenbahn, die zwar von unfreundlichen Sicherheitskräften belagert wird, genauso wie von Alkoholisierten, aber dennoch Freiheit verspricht. Diese Fahrt in die Befreiung wird von der Tatsache der Mitfahrgäste nur wenig getrübt. Sehr viel mehr trübt den Blick der Wein, und ein Jahr später wird man alles so sehr vergessen haben, dass man sich auf das nächste Weinfest ... freut.
Eine Kerze dem Anaticid zum Gedenken,
gebacken nebe'm Glas-einschenken.
Doch man trifft nicht nur solche, die alle Hoffnung vor Jahren verloren haben, sondern auch die, die nie welche hatten. Solariumsbraun mit blauem Lidschatten, sowohl kosmetisch als auch politisch, tanzen und stehen sie gleich lebenden neben metallischen angekarrten Jahrmarktattraktion, schießen mit schiefläufigen Gewehren Plastikrosen für läufige Friseusen, der dumme August hinter der Schießbude düftelt die Plastikblumen nach ihrem gewonnen werden noch mit Rosenwasser ein; fahren Autoscooter gegeneinander, prügeln und besaufen sich, und benehmen sich wie das das Höhlengleichnis absolviert habende Batterielegehuhn: desillusioniert und pessimistisch. Verübeln kann man's ihnen nicht.
In Parzellen, nach Heurigen sortiert, feiern die Weinbauern ihre Monokultur, abgetrennt von den anderen quält sich nie der Gedanke einer Gemeinschaft, immer ist die Trennung immanent und klar. Der Unterschied zum Gang zum Heurigen, außerhalb der Weinfestzeit, beschränkt sich auf die Lautstärke der Musik allein - und die kulinarische Irrfahrt der toten Backtiere natürlich; dieses Jahr gab es auch Back-Ente, was das Verschwinden meiner lieben Begleiter vom Fluss erklärte. Vielleicht ist das der einzige echte Grund für Verachtung und Hass: sie fressen meine Enten, diese Scheißdrecksmenschen. Ein Grund mehr, den Rundgang zu beenden und sich auf die Bierbank einer Weinschank zu setzen, auf eine Kellnerin zu warten, mit ihr banal zu schwatzen, und den ersten Liter Wein zu bestellen. Das Wasser dazu muss man sich selbst holen. Wenigstens macht einer der Scheißdrecksentenmörder sich nützlich, und bringt schokolierte Früchte am Spieß - wenngleich völlig überteuert - zum Tisch. Nach Litern, Schokoerdbeeren und einem Würstchen im versalzenen Schlafrock reicht es wieder für ein, oder besser zwei, vielleicht fünf Jahre, und unter kakophonen schlagerisierenden Coverbands, die schon im Original Schreckliches moralisch schlecht interpretieren, torkelt man, vorbei an Schlägereien, Hütchenspielen, Alkoholikern, Kellnerinnen, Entenkillern, anatiphoren Unmenschen, gen Straßenbahn, die zwar von unfreundlichen Sicherheitskräften belagert wird, genauso wie von Alkoholisierten, aber dennoch Freiheit verspricht. Diese Fahrt in die Befreiung wird von der Tatsache der Mitfahrgäste nur wenig getrübt. Sehr viel mehr trübt den Blick der Wein, und ein Jahr später wird man alles so sehr vergessen haben, dass man sich auf das nächste Weinfest ... freut.
Eine Kerze dem Anaticid zum Gedenken,
gebacken nebe'm Glas-einschenken.
Weinfest