Reden wir über's Wetter

Dieser Mai war - nicht nur in meiner Wahrnehmung, sondern auch laut meteorologischer Aufzeichnungen - der hässlichste Drecksmai seit langem. Zwischen jede Stunde schönen Wetters mischte sich mindestens eine halbe Stunde Regen. Krieg erklärt wurde jedoch erst, als die Erdbeeren im Supermarkt mitten in der Saison (auf die man sich als ökologisch bewusst lebend- und kaufender ja freut) teurer wurden. Wenn einmal kein Regen fiel, blies ein Wind, besser, gleich mehrere, alle Freude aus den Augen der Bewohner der Stadt - oder hätte dies zumindest mit Berauschung, wenn sie nicht schon zuvor weggeschwemmt worden wäre. Zwar akzeptiere ich gerne mal einen Regentag, auch Gewitter sind schön, aber ich habe kein gutes Gefühl dabei, wenn man Überlegenheit und Machtlosigkeit des Gegenübers so selbstgefällig demonstrieren muss, wie ein Schwanzloser Autofahrer auf einer italienischen Autobahn (ich rede speziell von demjenigen mit deutschem Kennzeichen, der das Leben seiner gesamten Familie riskierte, nur um mich zwischen Turin und Mailand zu überholen, obwohl ich selbst schon 160 fuhr. Hey, ich weiß, Urlaub mit der Familie, und Ausreden gibt es keine guten - aber Dude. Das sind deine Kinder. Und du hast sie schon bis zum geschätzten 6. Jahr gebracht. Und du glaubst doch nicht ernsthaft, dass nur sie den Crash nicht überleben würden, deine nette Frau und du selbst, ihr müsstet alle dafür zahlen, dass deine Hose dir zu geräumig ist. Und so schlimm kann es auch nicht sein, außer die zwei sind adoptiert. Kopf hoch, Geschwindigkeit runter). Und hier spielte sich das Wetter auf, jeden Tag feiernd, dass es die Genfer Konventionen des Frühlings weder unterschrieben noch gelesen hat. Mit dem Wetter ist es so eine Sache. Es ist der stete und effektivste auf-den-Boden-Zurückholer des Menschen. Es ist erfahrene Transzendenz, es ist Qual der Erhabenheit. Es ist der konsequente Schlag ins Gesicht des Homo Sapiens als Gesamtspezies, der Preis, den er zahlen muss, dafür, dass er je aufrecht zu gehen lernte. Der Sündenfall war, auf den Geschmack europäischer, asiatischer, etc. Früchte zu kommen - sobald davon gegessen war, war die Welt zu klein geworden. Das zahlen wir heute, das zahlten wir heuer den ganzen Mai damit, eingesperrt zu sein, winterdeprimiert und unglücklich. Es kann alles gerichtet worden sein: Regnen wird es weiterhin mehr, als die Felder bräuchten. Und am ersten Juni ist der Himmel noch immer grau. Undurchdringbar stellt er sich zwischen uns und die Sterne, die dadurch viel unerreichbarer werden, als bloß durch ihre Distanz. Heute am 62. April 2010, wird sich nichts ändern. Das Wetter bleibt schlecht, und mit ihm die Laune, die kollektive wie die eigene.

Es zerstört den Hoffnungssplitter
auf schönes Wetter
das Gewitter.
Eingesperrt bleibt man im Raum
Sommer ist da kaum
mehr als ein Traum.

(c) 2008ff
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