Es war schon spät am Abend, B saß an seinem Schreibtisch und überlegte, wie er sich vor der Veranstaltung, die er nicht besuchen wollte, ehrenvoll drücken könnte. Es blieb, ob der fortgeschrittenen Stunde, nur noch der Griff in die Ausredenkiste entweder der "Notfälle" oder der "Katastrophen". Für die angenehmste, "Terminkollisions"-Ausrede oder die "Überbeschäftigung", war es schon zu spät, erstere müsste mindestens ein bis zwei Tage zuvor angewandt werden, zweitere wenigstens wenige Stunden vor Beginn. "Notfälle" können jedenfalls noch während einer Veranstaltung verwendet werden, etwa: "Ich musste in's Krankenhaus, Oma geht's schlecht", Katastrophen sogar bis zu zwei Tage rückwirkend, der Schock einer Katastrophe schließlich verzeiht jede Vergesslichkeit. Im Notfall hingegen sind die Bedürfnisse zur Mitteilung postponiert, auf Karenz quasi, man kommt jedoch in einer freien Minute noch zur Besinnung und erinnert sich, oh nein, die Eröffnung! Verdammt, wäre mein Bruder nicht gestürzt, und auch noch so schlimm, dass das Weichei in ein Krankenhaus wollte, ich wäre gekommen, Fortuna, Tugendhat, seid gnädig meiner Absenz!
Da besagte Veranstaltung vor einer Stunde begonnen hatte, waren eben nur noch diese beiden adäquat. Plötzlich klopfte es an der Türe. B öffnete, seine Nachbarin stand vor ihm.
"Aber hallo", sagte er, "was ist denn los?"
"Die Engel brauche ich, die Engel müssen schützen. Du musst mir helfen, sie zu finden."
Ein Teil von B freute sich, dies war vielleicht der deus ex machina, auf den er gehofft hatte. Nichts ist süßer als eine Notlüge, die die Wahrheit ist. Der andere Teil B's hatte Angst. "Komm herein", bat der erste Teil die Nachbarin. Der zweite hörte zu. Sie setzten sich auf den Boden und sie begann, ihre Tarotkarten zu legen.
"Tot, Tod, tot."
"Na, das fängt ja gut an;" Ein viertes und fünftes Mal fand die Karte mit dem schwarzen Totenschädel den Weg in die Mitte der gelegten Figur. B holte etwas zu trinken, die Nachbarin schrak auf, als B die Sehnsucht als Untersetzer für sein Glas zu verwenden ansetzte.
"Hör mir ja auf, das ist ernst!"
"Todernst! Fünffach!" antwortete er.
"Nein wirklich!"
"Ja, aber du darfst nicht erwarten, dass ich es ernstnehme, auch wenn jemand anderer es sicher ernst meint. Mit der Überzeugung ist es wie mit dem Rebstock, der keinen Wein bringt, er wird zu Feuerholz. Wenn ich diesen Müll nicht glaube, musst du dich geehrt fühlen, dass ich dich nicht anlüge."
"So stellst du dir das vor?"
"Das ist die Bedingung. Du darfst machen, was du willst, solange es mir egal sein darf. Also erzähl, was bringt deine Karten und dich zu mir?"
Sie begann zu erzählen, und mit den Minuten verstummte die zweite Stimme, und auch die erste dachte nicht mehr an den Notfall.
Aber, so dachte B, das ist auch noch gut genug für eine Katastrophe.
B und die Nachbarin
Es war schon spät am Abend, B saß an seinem Schreibtisch und überlegte, wie er sich vor der Veranstaltung, die er nicht besuchen wollte, ehrenvoll drücken könnte. Es blieb, ob der fortgeschrittenen Stunde, nur noch der Griff in die Ausredenkiste entweder der "Notfälle" oder der "Katastrophen". Für die angenehmste, "Terminkollisions"-Ausrede oder die "Überbeschäftigung", war es schon zu spät, erstere müsste mindestens ein bis zwei Tage zuvor angewandt werden, zweitere wenigstens wenige Stunden vor Beginn. "Notfälle" können jedenfalls noch während einer Veranstaltung verwendet werden, etwa: "Ich musste in's Krankenhaus, Oma geht's schlecht", Katastrophen sogar bis zu zwei Tage rückwirkend, der Schock einer Katastrophe schließlich verzeiht jede Vergesslichkeit. Im Notfall hingegen sind die Bedürfnisse zur Mitteilung postponiert, auf Karenz quasi, man kommt jedoch in einer freien Minute noch zur Besinnung und erinnert sich, oh nein, die Eröffnung! Verdammt, wäre mein Bruder nicht gestürzt, und auch noch so schlimm, dass das Weichei in ein Krankenhaus wollte, ich wäre gekommen, Fortuna, Tugendhat, seid gnädig meiner Absenz!
Da besagte Veranstaltung vor einer Stunde begonnen hatte, waren eben nur noch diese beiden adäquat. Plötzlich klopfte es an der Türe. B öffnete, seine Nachbarin stand vor ihm.
"Aber hallo", sagte er, "was ist denn los?"
"Die Engel brauche ich, die Engel müssen schützen. Du musst mir helfen, sie zu finden."
Ein Teil von B freute sich, dies war vielleicht der deus ex machina, auf den er gehofft hatte. Nichts ist süßer als eine Notlüge, die die Wahrheit ist. Der andere Teil B's hatte Angst. "Komm herein", bat der erste Teil die Nachbarin. Der zweite hörte zu. Sie setzten sich auf den Boden und sie begann, ihre Tarotkarten zu legen.
"Tot, Tod, tot."
"Na, das fängt ja gut an;" Ein viertes und fünftes Mal fand die Karte mit dem schwarzen Totenschädel den Weg in die Mitte der gelegten Figur. B holte etwas zu trinken, die Nachbarin schrak auf, als B die Sehnsucht als Untersetzer für sein Glas zu verwenden ansetzte.
"Hör mir ja auf, das ist ernst!"
"Todernst! Fünffach!" antwortete er.
"Nein wirklich!"
"Ja, aber du darfst nicht erwarten, dass ich es ernstnehme, auch wenn jemand anderer es sicher ernst meint. Mit der Überzeugung ist es wie mit dem Rebstock, der keinen Wein bringt, er wird zu Feuerholz. Wenn ich diesen Müll nicht glaube, musst du dich geehrt fühlen, dass ich dich nicht anlüge."
"So stellst du dir das vor?"
"Das ist die Bedingung. Du darfst machen, was du willst, solange es mir egal sein darf. Also erzähl, was bringt deine Karten und dich zu mir?"
Sie begann zu erzählen, und mit den Minuten verstummte die zweite Stimme, und auch die erste dachte nicht mehr an den Notfall.
Aber, so dachte B, das ist auch noch gut genug für eine Katastrophe.
Da besagte Veranstaltung vor einer Stunde begonnen hatte, waren eben nur noch diese beiden adäquat. Plötzlich klopfte es an der Türe. B öffnete, seine Nachbarin stand vor ihm.
"Aber hallo", sagte er, "was ist denn los?"
"Die Engel brauche ich, die Engel müssen schützen. Du musst mir helfen, sie zu finden."
Ein Teil von B freute sich, dies war vielleicht der deus ex machina, auf den er gehofft hatte. Nichts ist süßer als eine Notlüge, die die Wahrheit ist. Der andere Teil B's hatte Angst. "Komm herein", bat der erste Teil die Nachbarin. Der zweite hörte zu. Sie setzten sich auf den Boden und sie begann, ihre Tarotkarten zu legen.
"Tot, Tod, tot."
"Na, das fängt ja gut an;" Ein viertes und fünftes Mal fand die Karte mit dem schwarzen Totenschädel den Weg in die Mitte der gelegten Figur. B holte etwas zu trinken, die Nachbarin schrak auf, als B die Sehnsucht als Untersetzer für sein Glas zu verwenden ansetzte.
"Hör mir ja auf, das ist ernst!"
"Todernst! Fünffach!" antwortete er.
"Nein wirklich!"
"Ja, aber du darfst nicht erwarten, dass ich es ernstnehme, auch wenn jemand anderer es sicher ernst meint. Mit der Überzeugung ist es wie mit dem Rebstock, der keinen Wein bringt, er wird zu Feuerholz. Wenn ich diesen Müll nicht glaube, musst du dich geehrt fühlen, dass ich dich nicht anlüge."
"So stellst du dir das vor?"
"Das ist die Bedingung. Du darfst machen, was du willst, solange es mir egal sein darf. Also erzähl, was bringt deine Karten und dich zu mir?"
Sie begann zu erzählen, und mit den Minuten verstummte die zweite Stimme, und auch die erste dachte nicht mehr an den Notfall.
Aber, so dachte B, das ist auch noch gut genug für eine Katastrophe.
B und die Nachbarin